(IP) Hinsichtlich Räumungsvereitelung nach Zwangsversteigerung hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.

„Ist Vollstreckungstitel ein Zuschlagsbeschluss nach § 93 ZVG, gibt es aber keine gesetzliche Grundlage für eine Besitzeinweisung des Gläubigers ohne Räumung.“

„Das Rechtsschutzbedürfnis der Gläubigerin wird entgegen der Auffassung des Landgerichts auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass sie das Grundstück nicht selbst nutzen kann, solange es nicht geräumt ist. Vielmehr wäre es nach einer Herausgabevollstreckung Recht und Pflicht des Gläubigers, zunächst eine angemessene Zeit abzuwarten, ob der Schuldner nicht nach Verlust des Besitzes am Grundstück jedenfalls seine dort zurückgelassene Habe zurückerhalten möchte. Der Gläubiger könnte sich auch dafür entscheiden, die vorgefundenen Sachen an geeigneter Stelle des Anwesens oder an einem anderen Ort zur Abholung bereitzustellen und dann mit der Nutzung eines Teils oder des gesamten Anwesens beginnen. Danach lässt sich das Rechtsschutzbedürfnis des Gläubigers für eine Herausgabevollstreckung nicht mit der Erwägung verneinen, er könne das nicht geräumte Anwesen nicht nutzen.“

Die Gläubigerin hatte das im Grundbuch eingetragene Grundstück mit Zwangsversteigerung erworben. Die Schuldner waren die früheren Eigentümer. Sie bewohnten das Grundstück mit ihren Kindern, den Schuldnern zu 3 bis 6. Die Gläubigerin betrieb die Vollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss. Sie erteilte Räumungsauftrag gegen die Schuldner.

Dann teilte Frau H. anwaltlich mit, sie sei die Mutter des Schuldners und bewohne aufgrund eines Mietvertrags mit den Voreigentümern ebenfalls das Anwesen; sie wende sich gegen die Räumung. In dem dabei vorgelegten Mietvertrag war kein Mietzins vereinbart. Die Gläubigerin erklärte sich daraufhin damit einverstanden, den Räumungstermin aufzuheben.

Nachdem die Gläubigerin erneut beantragt hatte, die Räumung zu vollziehen, bestimmte der Gerichtsvollzieher einen erneuten Räumungstermin. Darauf widersprach die Frau der Räumung erneut - unter Hinweis auf den von ihr behaupteten Mietvertrag. Zudem erklärte sie, alle auf dem Anwesen befindlichen Gegenstände seien an sie sicherungsübereignet worden. Darauf wandten sich die Schuldner gegen die Räumung und behaupteten, sie hätten nunmehr ihrerseits Untermietverträge mit Frau H. abgeschlossen. Der Gerichtsvollzieher hob daraufhin den Räumungstermin auf.

Auf die dagegen gerichtete Vollstreckungserinnerung der Gläubigerin hatte das Amtsgericht den Gerichtsvollzieher angewiesen, eine Herausgabevollstreckung des Hauses nebst Grundstück gegen die Schuldner durchzuführen. Es hatte dazu ausgeführt, die Gläubigerin habe den Vollstreckungsantrag nachträglich auf eine reine Herausgabevollstreckung beschränkt mit dem Ziel, die Räumungsschuldner aus dem Besitz zu setzen und die Gläubigerin in den Besitz einzuweisen; der Zwangsvollstreckungsauftrag richte sich ausdrücklich nicht gegen Frau M. H.

Das Landgericht hat den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und die Erinnerung der Gläubigerin zurückgewiesen.

Das Originalurteil kann hier abgerufen werden:

BGH, Az.: I ZB 78/11

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